It’s a Rainy Day...
Wie bereits am Morgen des letzten Tages bemerkt, wurde Dienstag,
der erste Wertungstag eine überaus wässrige Angelegenheit.
Alle Helfer waren an Bord, die Engländer sind doch
harte Burschen. Respekt!
Nach längerem Warten hatte sich das Wetter auf einem
Niveau eingeregnet, was man als gleichmäßig oder
auch als "Landregen" bezeichnen könnte. Kalt
und feucht. Very British. Wir fragten den Heini vom Wetter-Service,
was denn genau mit „cleaning up“ hier auf der
Insel im Wetter-Jargon gemeint wäre und er hatte nur
ein müdes Lächeln für uns übrig. Aufklaren/Aufhellen
heißt hier so viel wie weniger Regen, etwas hellerer
Himmel, damit man sich besser fühlt. Bringt uns aber
nichts, bestenfalls Zeitungslesern mit Lichtsparkomplex.
Also war weiter warten, warten und warten angesagt.
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Was für ein ätzender Blick
morgens aus dem Fenster. Einfach ekelerregend! |
Regenscheue F5B-ler
Die F5B Runde hätte längst gestartet sein sollen
und zwar morgens gegen 08:00, aber das blieb eine Illusion.
Als wir gegen 10:00 erschienen, lag die Bande noch am Boden
und traute dem Wetter nicht. Einzig das Deutsche F5B Team
hatte sich auf genau diese Bedingungen vorbereitet und extra
ein Regentraining durchgeführt. Norbert Hübner
rieb sich die Hände, denn wenn F5B startet, dann würde
das Deutsche Team aufgrund dieses speziell am Montag angesetzten
Regentrainings dem Rest zeigen, was eine Harke ist. „Ficki“
(Wolf Fickenscher) tippelte nervös im Zelt herum, als
Norbert etwas angesäuert vom F5B Team-Manager Meeting
zurückkam: No F5B today! Der Tag für F5B wurde
neutralisiert. Was macht die Pylonbande?
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In solchen Situationen hilft nur
noch trockener Humor: Waterside Swimmers Only! |
F5D Please Stand By!
Der Regen verwandelte die Wiese so langsam aber sicher in
eine undefinierbare braun-grüne Masse, während
unsere Jungs langsam ihre Modelle auspackten. Die Modelle
schienen sich in unseren Sprintern förmlich festzukrallen,
das gefiel ihnen mal überhaupt nicht. Dann doch lieber
ein Sprinter.
Langsam stellt sich auch das „Regen-von-unten“
Gefühl ein. Ein Teil unseres Teams setzte auf Gummistiefel,
der Rest versucht sich in Trecking-Schuhen aber am Ende
sind sowieso alle nass, von innen wie von außen. Das
sind die Regeln dieses Spiels und jeder hoffte inständig,
dass diese Schmierenkomödie doch bald ein Ende nehmen
möge. Sabine Konrath allerdings war optimistisch, als
um 12:00 die F5D Teams zur Besprechung zusammen kamen, so
ein bisschen Bindfaden-Regen wäre doch wohl kein Problem.
Schluck! Irgendwer hustete verhalten, aber aufgeben gilt
nicht, Gesicht verlieren schon gar nicht. Also einmal in
den sauren Apfel gebissen und cool gelächelt. No, there
isn’t any problem. We will start at 01:00pm. Nette
Idee, wir machen auch schonmal das Schlauchboot klar.
Die Frage, ab wieviel Meter Wasserstand am nicht als Wasserstandsmesser
geeichten Breitpylon denn nun das Rennen abgesagt würde,
wagte niemand zu stellen. Die Sache war klar, die Frage
ließ sich alles wieder auf ein Minimum reduzieren:
Deutschland gegen England! Wir setzten schon mal auf die
Deutsche Wettbewerbsleiterin, dagegen hat englischer Landregen
keine Chance. Minuten später krächzte es schon
aus dem Lautsprecher: „Round 1, Heat 1. Please prepare
to start the race in 45 minutes.“ Oha, sie versucht
es wirklich. Respekt!
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Sprichwörtliches "Abwarten
und Tee trinken" beim Team Germany. |
F5B packt derweilen in Ruhe
die Sachen, heute ist nichts mehr mit Fliegen. Schade eigentlich,
Team Germany wäre
auf genau diese Situation perfekt vorbereitet gewesen und
hatte bereits im Vorlauf als eins der wenigen Teams alle
Regler mit einem Platinenlack-Finish bestellt. Sie trauten
dem englischen Wetter nicht und sie taten gut daran.
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Hans Koot, unser Timekeeper
während der WM, schaut genauso bedröppelt
drein, wie das Wetter. Da macht Pylonrennen noch nicht
einmal Spaß, wenn man selbst im Trockenenen sitzt. |
Der erste F5D Wertungstag beginnt!
„First group! Please come to the ready-box!“ Irgendwie erinnerte
dieser Aufruf an die F3B WM 2003 in Kirchheim, nur irgendwer hatte vergessen
den Regen auszuschalten. Es schiffte locker weiter und es waren Bedingungen,
bei denen am Vortag das Rennen des Vorwettbewerbs jeweils für einige Minuten
unterbrochen worden war. Jetzt sollte in diesen Bedingungen gestartet werden.
Sender ohne Fahrtenschwimmer werden keine Chance haben, so viel steht mal fest.
Allenthalben sah man Tüten und allerlei nutzloses Zeug, der Regen war überall
und hielt sich an keine Abmachung, dass er die Elektronik in Ruhe lässt.
Also war beten angesagt.
Die 12 Wettbewerbshelfer saßen längst über
den Kurs verteilt und verfluchten den Tag, an dem sie sich
freiwillig als Helfer für die WM gemeldet hatten,
als Gruppe 1 zum Start ging.
"Ladies and Gentlemen: Start Your Engines!"
In der ersten Gruppe ist gleich Jens Bartels mit seinem
„Nyamuk“ am Start. Peter Meisinger (AUT) und
Pete Thannhauser (CAN) komplettierten diese Gruppe. Das
Rennen zwischen Peter und Jens würde sicher eng werden.
Der Start wurde freigegeben: „Red Go!“ „Yellow
Go!“ „Blue Go!“ Die Schreie des Startstellenleiters
gingen im Aufheulen der kreischenden Motoren fast unter,
der Regen lag wie ein grauer Schleier über der Szenerie.
Das Rennen ist eröffnet! Kurze Zeit nach dem Start
flogen die 3 Modelle, die im Sekundentakt gestartet waren,
nahezu gleichauf. Was für ein Bild! Nach wenigen Sekunden
konnten sich Peter und Jens etwas absetzen, blieben uns
aber als Flugformation Flügel an Flügel erhalten.
Mann war das eng! Die beiden schenkten sich absolut nichts.
Jens war auf der Geraden sichtlich schneller, flog am Spitzpylon
allerdings eine deutlich weniger aggressive Linie als Peter.
Dadurch ergab sich das kuriose Bild, dass Jens vor dem Spitzpylon
vor Peter lag, nach dem Spitz hinter ihm und den Breitpylon
nahmen sie beide gleichermaßen eng in Angriff –
Runde für Runde! Erst die Schreie „Red Ready!“
„Blue – Ready!“ beendeten diesen Lauf.
Die Modelle schwebten durch Bindfäden von Regen zur
Landung ein. Wie Dirk Belting als Helfer von Jens mit seiner
Brille bei diesem Wetter überhaupt ansagen konnte,
blieb sein Geheimnis. Vermutlich Röntgenblick oder
10 Abreiß-Visiere an der Brille, für jede Runde
eines.
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Nicht ohne meinen Regenschirm!
Es regnete Bindfäden. |
Was war das für ein phantastisches Auftaktrennen für
eine Weltmeisterschaft! Aber es blieb keine Zeit zum Verschnaufen,
es wurde im 5-Minuten Takt gestartet. Heat 2 war dran. Team
Germany hat Pause, im Lauf 3 startet Markus Wanner und fliegt
ein ebenfalls überragendes Rennen, was sehr unspektakulär
war. Sein Tokoloschi zeigte sich unbeeindruckt vom britischem
Wetter und schnitt durch diese graue Masse, als hätte
es nie anderes Wetter gegeben. Es sah optisch etwas langsam
und zäh aus, wie ein Flug durch Honig. Aber als die
elektronische Zeitmessung die 10 Runden für beendet
erklärte, standen für ihn 73,10 Sekunden auf
dem Zeitenmonitor, bei diesen Bedingungen wirklich eine
gute Zeit. Und das auch noch mit Brille!!!
Blieb nur noch Dirk mit seiner Spezialbrille und inzwischen
montierten Scheibenwischern übrig. In Runde 6 war er
dran. Sein knallroter Avionic D war zumindest optisch sehr
gut zu erkennen, dennoch war bei diesem Regen nichts sicher.
Markus Lauf sah schon ruhig und cool aus, aber was Dirk
nun im Regen zelebrierte, war einfach beeindruckend. Zu
beeindruckend: Ein Cut am Spitzpylon war die Folge, irgendeine
Wertung im 80er Bereich. Ein Streicher für Belting!
Als die erste Runde beendet war, wurden die letzten Trümmer
der dahingeschiedenen Modelle eingesammelt. Wassereinbruch
im Vorschiff gab es genauso, wie Waschküche beim Empfänger.
Durch die Hitze des Flugakkus bildet sich sofort Wasserdampf
im Rumpf, der sicher mehr als 50°C hat. Nach dem Aufschrauben
dampften einige Modelle ganz prächtig, ein Dampfbügeleisen
könnte das nicht besser. Die Runde 2 sollte direkt
im Anschluss geflogen werden, aber Sabine, die Wettbewerbsleiterin
hatte es etwas zu spät angekündigt. Die 2. Runde???
Jawoll, zu Befehl! Der Regen dachte nicht daran, sich auch
nur ansatzweise zurückzuziehen, er blieb uns weiter
ein ständiger treuer Begleiter, auf den wir gerne verzichtet
hätten. Es regnete weiter Bindfäden und jeder
Schritt auf diesem durchnässten Grün hinterließ
ein sattes „quwetsch“. Auch gut gepflegter englischer
Rasen kann nicht alles ab.
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Die Zeitnehmer hatten es
in diesem Regen nicht leicht, aber haben ihre Aufgabe
gut erledigt. Es sind Ihnen nur sehr wenige Fehler
unterlaufen, die dann zu Reflights führten. |
Runde 2: We do it again!
Die Zahl der Wassereinbrüche im Material häuften
sich nun. Es wurden reihenweise Piloten beobachtet, die
ganze Seen aus ihren Pulten, respektive Sendern schütteten.
Ob das mal gut geht? Meistens ging es gut und wenn nicht,
wurde gebuddelt. Guillaume Brouquières prüfte,
wie tief man einen Avionic D Rumpf im englischem Schlamm
versenken kann. Man kann nur sagen sehr tief! Das Ergebnis
dürfte selbst ihn überrascht haben, denn ohne
Hilfsmittel war da nichts mehr zu machen. Da kein Klappspaten
greifbar war, kam einer der Offiziellen mit einem Nationenschild
von der Eröffnungsfeier zu Hilfe. Bis dahin steckte
der Rumpf bis über beide Ohren im Schlamm fest und
stand als Mahnmal für alle Piloten am Rand des Kurses:
Man fliegt nicht bei Regen!
Nun war Dirk wieder am Start. Mit dem Cut im 1. Heat sah
es mal nicht ganz so gut aus. Zu allem Übel war auch
noch sein Höhenleitwerk durch den Regen aufgequollen,
was die Sache sicher nicht einfacher und vor allem nicht
präziser machte. Balsa als Stützstoff hat eben
gewisse Nachteile und auch ein Gespräch mit Sergey
Sobakin hatte keinen Einfluss auf die Materialeigenschaften
dieses Werkstoffes. Schamlos! Er ist der Entwickler und
Produzent dieses Modelltyps und bei dieser WM in der Klasse
F5B am Start. Nun stand Dirk am Start, mit Brille, aufgequollenem
Höhenleitwerk und das mitten im strömenden Regen.
Das sind Bedingungen, bei denen man sich nur sagen kann:
Gut, dann fliegen wir halt mal und was dabei herauskommt,
ist zweitrangig. Und was kam dabei heraus? Die Fabelzeit
des Tages: 70,19 Sekunden! Präzision pur, man hätte
ihn glatt zur Adoption in die Schweiz freigeben können,
als Kind von einem Uhrmacher. Aber glücklicherweise
fliegt er für Team Germany!
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Das aufgequollene "Avionik
D-99" Höhenleitwerk von Dirk Belting. Damit
ist er geflogen!!! Dass da überhaupt nochwas zu
steuern war, erstaunt umso mehr, weil er als Brillenträger
ein doppeltes Handicap hatte. An der Tatsache, dass
er trotzdem die Tagesbestzeit flog, erkennt man
die große Erfahrung
von Dirk. |
Ansonsten lief alles ohne
besondere Vorkommnisse, am Ende der beiden Runden standen
2 Reflights an, wobei mindestens 1 Reflight überaus protestwürdig gewesen wäre,
vielleicht sogar beide. Aus sportlichen Gründen verzichtete
man allerdings auf einen Protest, es wäre ohnehin
der erste bei einer F5D Weltmeisterschaft gewesen. Das
andere Nationen eine andere Einstellung zu den sportlichen
Gesichtspunkten haben, sollten wir bald merken.
Runde 3: If you are not fast enough, you just have
to protest fast enough!
In dieser Runde wurde es nun endgültig unsinnig und
unsportlich, aber der Reihe nach. Peter Meisinger (AUT)
hat sich hier in Heat 1 als Witzbold geoutet: Erst drängt
er Sabine zum sofortigen Start der Gruppe in wirklich
extrem starken Regen bei zugleich heftigem Wind, anschließend
beantragt er wegen Störungen durch den Regen einen
Reflight. So sieht das mal aus! Leider genehmigt Sabine
diesen Reflight, was sie nicht hätte tun dürfen.
Regelwidrig. Thannhauser (CAN) schlägt ein und
gibt als Reflight Grund Störungen an. Das ist
vom Reglement her kein Reflight und unbestätigten
Gerüchten
zufolge soll die Störung zwischen den Ohren gelegen
haben. Ob man dagegen wohl Protest einlegen kann? Ja man
kann das wirklich, aber nun genug der Späße,
denn jetzt wird es ernst: Einzig Jens fliegt in
diesen Schweinebedingungen zu Ende, fliegt eine 77er
Zeit und wird nach derzeitigem Stand wohl als einziger
gewertet werden!
Sabine bricht an dieser Stelle den Durchgang ab und erklärt
ihn für null und nichtig. Und jetzt wird es richtig
ärgerlich und wir sagen es ganz offen und ehrlich:
Was hier nun kommt, ist aus sportlicher Sicht sehr enttäuschend,
allerdings möchten wir vor Abschluss diverser laufender
Proteste nicht ein abschließendes Fazit abgeben.
Team USA allerdings hat sich hier nur mäßig fair verhalten.
Fairer Sport heißt
Chancengleichheit für alle und
nicht Auslotung des Regelwerks, um dem Konkurrenten
einen Streicher aufzudrücken.
Dieser Protest wird regelseitig Erfolg haben, ist aber
in der Sache unsportlich und genau dieser Punkt erlaubt
uns wiederum einen Protest, da genau dieser Fall ebenfalls
im Regelwerk enthalten ist.
Wir müssen die Jury-Entscheidung
abwarten, was herauskommt. Und wenn hier durch die Unterbrechung
des Durchgangs ein Nachteil für Jens entsteht, haben
wir gute Aussichten, aufgrund diverser Fehler im weiteren
Ablauf ebenfalls Protest bei der Jury einzulegen. Ehrlich
gesagt haben wir keine Lust dazu, denn hier soll es um
Sport gehen und nicht um Proteste. Allerdings möchte
unser Team nur ungern diese Benachteiligung hinnehmen,
daher warten wir zunächst die Jury-Entscheidung ab
und am Ende der Runde 3 können wir immer noch Protest
einlegen und möglicherweise werden wir das auch tun.
Deswegen gibt es auch noch keine offiziellen Ergebnisse,
wir können nur einen inoffiziellen vorläufigen
Zwischenstand nach Abschluss von Runde 1 und 2 vermelden:
1. Markus Wanner (GER)
2. Jens Bartels (GER)
3. Daniel Mayr (AUT)
4. Dirk Belting (GER)
Das Wetter für morgen sieht gut aus, 08:00 AM
wurde als Start-Termin für F5B angegeben. Die deutschen
F5B-ler nehmen am Morgen netterweise unsere Sender mit.
Abends kommen sie im Gegenzug immer gern auf ein Budweiser
bei uns im Haus zu Besuch. Beide Mannschaften sind traditionell
nicht sonderlich innig ineinander verliebt, aber mein
Eindruck ist, dass diese WM sie durch die schwierigen
Umstände
zunehmend mehr zusammenschweißt. Gut so!
Euer F5D-Team Germany
Nachtrag vom 17. August: Um was es hierbei geht,
kann man am besten in unserer Ergebnisliste nachvollziehen.
Nach Runde 3, Heat 1 wurde der Wettbewerb unterbrochen.
Alle bei Regen geflogenen Resultate sind blau markiert
und einzig Heat 1 musste im Regen fliegen. Der Protest
des US-Teams zielte darauf ab, dass dieser erste Heat
gewertet wird, was Sabine aus sportlichen Gründen
nicht wollte. Damit konnte das US-Team ihren schärfsten
Konkurrenten (Team Österreich und Deutschland) einen
Streicher aufzwingen. Der Vollständigkeit halber
muss erwähnt werden, dass der Reflight von Travis
Flynn aus Runde 2 ebenfalls in diesen katastrophalen
Bedingungen absolviert wurde und das war der Grund des
US-Teams. Sein Reflight wurde am Ende genauso gewertet,
wie dieser 1. Lauf aus Runde 3. |